Medikamentenmarkt Schweiz und Rückerstattung der Medikamente

Veröffentlichungsdatum: 01.11.2015

Der Medikamentenmarkt stagnierte im Jahr 2014. Der kassenpflichtige Markt stieg im Jahr 2014 leicht. Seit dem Jahr 2004 hat sich der Markt der Generika wertmässig mehr als verdreifacht. Die Groupe Mutuel setzt sich für Festbeträge ein, um die stark überhöhten Generikapreise zu senken.

Ausgangslage

Der Medikamentenmarkt 2014 stagniert
Der Medikamentenmarkt Schweiz stagnierte 2014 auf Vorjahresniveau. Der Umsatz nahm um 0.7% auf 5.1 Milliarden Franken zu. 2013 war ein leichtes Minus von 0.1% verzeichnet worden. Dass trotz der weiteren Bevölkerungszunahme, dem wachsenden Anteil der älteren Generation sowie der erweiterten Medikamentenpalette es nur ein leichtes Wachstum gab, ist auf Preissenkungsmassnahmen insbesondere bei den patentgeschützten Medikamenten, die Förderung des Preiswettbewerbs im patentfreien Bereich und als Folge davon auf ein starkes Generikawachstum zurückzuführen. Die Zahl der verkauften Packungen nahm um 0.2% auf 209.3 Millionen Einheiten ab.
 
Nur leicht wachsender kassenpflichtiger Markt
Im Jahr 2014 betrug der Anteil kassenpflichtiger Medikamente am Gesamtumsatz für Arzneimittel zu Herstellerabgabepreisen rund 81.4% oder 4160 Millionen Franken. Dieser Markt nahm gegenüber dem Vorjahr mit 0.9% leicht stärker zu als der Gesamtmarkt, der wertmässig um 0.7% gewachsen ist.
Ein Medikament wird kassenpflichtig, sobald das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Rückvergütung durch die Krankenkassen bewilligt. Die Behörde prüft die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit des Medikaments (WZW-Kriterien) und legt danach den maximalen Vergütungspreis verbindlich fest. Das BAG orientiert sich dabei an den Preisen vergleichbarer Medikamente sowie an Auslandpreisen und berücksichtigt den therapeutischen Mehrnutzen.
 
Hoher Substitutionsanteil der Generika
Die kassenpflichtigen Generika erreichten 2014 ein wertmässiges Volumen von 594 Millionen Franken, was 14,3% aller Medikamente entspricht (Fabrikabgabepreis). Im Vorjahresvergleich belief sich das Wachstum auf 1.6%. Seit dem Jahr 2004 hat sich der Markt der Generika wertmässig mehr als verdreifacht.
Trotzdem kann man seit 2013 eine gewisse Stagnation der Wachstumskurve feststellen. Ein Grund für die deutliche Erhöhung des Generikaanteils zwischen 2005 und 2006 liegt in der Einführung des differenzierten Selbstbehalts. Dieser Regelung zufolge zahlen die Versicherten beim Bezug des Originalpräparats 20% Selbstbehalt, beim Generikum hingegen nur 10%.

Preisbildung und Rückerstattung der Medikamente

Der Medikamentenpreis ist kein Marktpreis
Der Publikumspreis eines kassenpflichtigen Medikaments entsteht nicht auf dem freien Markt, sondern wird staatlich festgesetzt (Art. 65 Bst. b – f KVV). Er setzt sich zusammen aus dem Vertriebsanteil, dem Fabrikabgabepreis, der Verkaufsabgabe und der Mehrwertsteuer. Der Fabrikabgabepreis kommt aufgrund eines therapeutischen Quervergleichs (TQV), eines allfälligen Innovationszuschlags und eines Auslandpreisvergleichs (APV) zustande. Beim TQV werden die Kosten der bereits zugelassenen Arzneimittel ähnlicher Indikation oder gleicher Wirkungsweise verglichen. Beim APV werden seit Juni 2015 neben den Preisen in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich neu auch die Preise in Belgien, Finnland und Schweden berücksichtigt.

Der Auslandpreisvergleich (APV) kommt sowohl beim erstmaligen Festsetzen eines Preises im Rahmen der Aufnahme in die Spezialitätenliste (SL) zum Tragen als auch bei der dreijährlichen Preisüberprüfung aller Medikamente, die bereits in die SL aufgenommen wurden.
 
Auslandpreisvergleich
Der gemeinsame Auslandpreisvergleich von Pharmaindustrie und Krankenversicherern für das Jahr 2014 zeigt, dass die Preissenkungsmassnahmen in der Schweiz Wirkung zeigen. Gegenüber dem Durchschnitt des vergleichbaren Auslands hat sich der Preisunterschied bei den rund 250 umsatzstärksten patentgeschützten Originalpräparaten weiter verringert und lag im November 2014 bei einem Wechselkurs von 1.29 Franken pro Euro erstmals auf dem gleichen Niveau. 2013 hatte der Unterschied noch 5% betragen. Damals lag der Wechselkurs bei 1.27 Franken pro Euro.

Nach der Aufhebung der Frankenuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank Mitte Januar 2015 haben sich als Folge der Frankenstärke die Kosten des für die Volkswirtschaft enorm wichtigen Pharmastandorts Schweiz um nochmals rund 20% erhöht.

Der Generikapreisvergleich 2014 zeigt, dass nach wie vor ein grosser Unterschied von +47% besteht. Dies bedeutet, dass in den Vergleichsländern die Generika halb so viel kosten wie in der Schweiz.
 
Überprüfung alle 3 Jahre (Art. 65d KVV)
Jedes Jahr wird ein Drittel der pharmazeutischen Präparate vom BAG unter die Lupe genommen. Dabei wird neben dem Auslandpreisvergleich (APV) in Zukunft der bisherige Preis zu einem Drittel und damit auch der therapeutische Quervergleich (TQV) berücksichtigt. Zudem werden Arzneimittel der gleichen Indikation - also Konkurrenzprodukte - gleichzeitig überprüft. Die nächste Überprüfungsrunde findet zu Beginn des Jahres 2016 statt. In den Jahren 2012 bis 2014 sind alle Arzneimittel auf der Spezialitätenliste überprüft worden, was gemäss dem BAG Einsparungen von über 600 Millionen Franken gebracht hat.
Bei den dreijährigen Preisüberprüfungen sind nur Preissenkungen möglich, nicht aber Preiserhöhungen. Sollte sich beispielsweise der momentan starke Franken abschwächen und sollten die Schweizer Preise tiefer liegen als im Durchschnitt des Länderkorbs, so werden die Preise in der Schweiz nicht automatisch erhöht. Preiserhöhungsgesuche sind möglich.

Forderungen der Groupe Mutuel

Festbeträge gegen stark überhöhte Generikapreise
Die Groupe Mutuel unterstützt die Einführung eines Festbetragssystems, um die stark überhöhten Generikapreise zu senken. In der Grundversicherung (OKP) würde demnach ein Festbetrag für den Wirkstoff des Medikamentes festgesetzt, dessen Patent abgelaufen ist. Das System basiert auf folgenden Eckwerten:

  • Verstärkte Konkurrenz im Markt der patentabgelaufenen Medikamente
  • Das Prinzip kostengünstiges Angebot mit Qualitätsgarantie und Verfügbarkeit wird umgesetzt
  • Einfache Umsetzung in der Praxis

Die Arzneimittelverschreibung der Leistungserbringer würde neu auf der Wirkstoffbezeichnung basieren. Die Preisbildung findet zweimal jährlich statt. Die Produzenten können den Preis des Medikamentes auf den Festbetrag senken, um zu verhindern, dass die Versicherten ein Produkt der Konkurrenz auswählen oder die Differenz selber zu bezahlen haben.
Die Leistungserbringer verordnen den aktiven Wirkstoff statt den Namen des Medikamentes. Mit dieser Massnahmen werden Apotheker/ selbstdispensierende Ärzte verpflichtet, dem Patienten das kostengünstigste Produkt auszuhändigen.
Falls der Preis eines Medikamentes, dessen Patent abgelaufen ist, höher ist als der Festbetrag, geht dies nicht zu Lasten der sozialen Krankenversicherung. Der Leistungserbringer muss die Differenz dem Versicherten in Rechnung stellen. In Ausnahmefällen (medizinische Gründe), kann der Arzt anstelle des aktiven Wirkstoffs ein teureres Medikament verschreiben. Der Gesamtbetrag wird dann von der sozialen Krankenversicherung übernommen.

Aufnahme der Medikamente in die Spezialitätenliste (SL) und Preisbildung

Im Bereich der Aufnahme der Medikamente in die SL und der Preisbildung der Medikamente, unterstützt die Groupe Mutuel folgende Forderungen:

  • Die Preisüberprüfung soll neu jährlich stattfinden und nicht wie heute alle drei Jahre.
  • Die Einführung eines Rekursrechts für Krankenversicherer, Leistungserbringer und Patientenorganisationen bei der Aufnahme der Medikamente in die SL und bei der Preisbildung für kassenpflichtige Medikamente.
  • Das Recht die Aufnahme eines Medikamentes in die SL zu beantragen für Krankenversicherer, Leistungserbringer und Patientenorganisationen, wenn es sich um ein wichtiges Medikament mit einer neuen (bisher im off-label-use verwendet) Indikation handelt.
  • Den Vergleich eines neuen Medikamentes mit der aktuellen Standard-Therapie (Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit) bei der Preisbildung berücksichtigen.
  • Die korrekte Anwendung des therapeutischen Quervergleiches bei der Preisbildung oder –überprüfung.
  • Detaillierte und transparente Veröffentlichung der Entscheidungsgrundlagen, die zur Aufnahme eines neuen Medikamentes in die SL geführt haben.
Groupe Mutuel

Rue des Cèdres 5 Case postale, 1919 Martigny    |    +41 0848.803.111