Krank werden vor Langeweile oder: das Boreout
07. Juli 2022 | Kommentar(e) |
Chloe Kessi
Langeweile ist schädlich und hat einen Namen: das Boreout. Auch wenn sein Cousin, das Burnout, wesentlich bekannter ist, ist das Boreout nicht weniger gefährlich. Es hat zwar einen anderen Ursprung, aber einen ebenso beunruhigenden Ausgang. Das Boreout kann Mitarbeitende in teils schwere Depressionen stürzen. Beleuchten wir diese noch wenig bekannte berufliche Erscheinung etwas genauer.
Was ist der Unterschied zwischen Burnout und Boreout?
Das Burnout und das Boreout haben gemeinsam, dass sie Formen beruflicher Erschöpfung sind. Das Burnout resultiert aus physischer und mentaler Erschöpfung infolge von Arbeitsüberlastung; das Boreout hingegen wird durch chronische Langeweile und mangelnde Stimulation am Arbeitsplatz hervorgerufen. Das Boreout ist auch unter dem Namen «Burnout-Syndrom durch Langeweile» bekannt und offenbart sich bei den Mitarbeitenden durch einen Interessen- und Motivationsverlust für ihre Funktion, bedingt durch eine schwache Arbeitslast. Wir alle haben uns schon einmal auf der Arbeit gelangweilt, doch dies macht uns noch lange nicht zu Boreout-Betroffenen. Diese Art von Burnout tritt auf, wenn die Langeweile alltäglich und übermässig wird sowie zu einer ganzen Reihe von physischen und psychischen Komplikationen führt.
Aber ist es wirklich möglich, beim Nichtstun auszubrennen? Auf den ersten Blick erscheint dies paradox. Wie kann offensichtlicher Müssiggang extreme Müdigkeit verursachen? Und doch ist die Problematik real und die Folgen für Personen, die an diesem Syndrom leiden, sind schwerwiegend.
Untrügliche Anzeichen
Die gesundheitlichen Auswirkungen eines Boreouts sind im Wesentlichen die gleichen wie beim Burnout. Die Symptome einer Person, die am Burnoutsyndrom durch Langeweile leidet, sind sowohl auf physischer wie auf psychischer Ebene vielfältig und progressiv. Sie können von Stress über chronische Müdigkeit und Schlafstörungen bis hin zu Angst reichen. Der Sinnverlust und die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz sind so gross, dass sie zu Konzentrationsmangel, zunehmendem Absentismus und wiederholten Fehlern bei der Ausführung von Arbeitsaufgaben führen. Was ist der wahre Zweck meiner Arbeit und was ist meine Motivation, jeden Morgen aufzustehen? Bin ich für das Unternehmen nützlich? Die vom Boreout betroffene Person entwickelt ein Gefühl der Selbstentwertung, beginnt, an ihren Fähigkeiten zu zweifeln, und verliert ihr Selbstvertrauen. Das Resultat: Sich morgens zur Arbeit zu begeben, wird zur Qual.
Aus Angst, gekündigt zu werden, setzen Mitarbeitende mit Boreout aber oft Methoden ein, um bei ihren Kollegen und Vorgesetzten nicht aufzufallen. Die Arbeit langsamer auszuführen, damit man den ganzen Tag beschäftigt ist, oder Strategien anzuwenden, um glaubhaft zu vermitteln, dass man in der Arbeit erstickt, sind nur ein paar Beispiele für Taktiken, die dazu beitragen, dass der Teufelskreis des Syndroms aufrechterhalten wird. Je schlimmer die Situation wird, desto schwieriger wird es für die Betroffenen, wieder aus ihr herauszukommen.
Kommunizieren, um Lösungen zu finden
In einer Gesellschaft, in der Leistung und Wettbewerbsfähigkeit zählen und die Suche nach dem beruflichen Sinn wichtiger denn je ist, fällt es leichter, zuzugeben, dass man mit Arbeit überlastet ist, als einzugestehen, dass man sich zutiefst langweilt. Es ist sozial akzeptabler, infolge von zu viel Arbeit krank zu sein wie von zu wenig, und logischerweise fällt es schwer, auszusprechen, dass man fürs Nichtstun bezahlt wird. Zwischen Scham- und Angstgefühl kann der Teufelskreis noch lange andauern.
Sie sollten jedoch wissen, dass der erste Schritt, um nicht unterzugehen, darin besteht, sich des Problems bewusst zu werden und darüber zu sprechen. Zunächst mit Vorgesetzten, damit diese geeignete Massnahmen zur Verbesserung des beruflichen Wohlbefindens der Person mit Boreout ergreifen können. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, für das physische und mentale Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu sorgen. Dann mit Kolleginnen oder Kollegen, denen Sie vertrauen. Diese haben einen objektiveren Blick auf die aufgetretenen Schwierigkeiten und können Ratschläge geben oder sogar Hilfe leisten. Und wenn die belastende Situation weiterhin anhält, ist es möglicherweise an der Zeit, über Alternativen nachzudenken. Etwa sich eine neue berufliche Herausforderung zu suchen, die den eigenen Wünschen und Interessen besser entspricht.