Einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen
14. November 2024 | Kommentar(e) |
Benoît Michellod
Das Schweizer Gesundheitssystem ist für seine Qualität und Effizienz bekannt. Es steht jedoch vor wachsenden Herausforderungen in Bezug auf Kosten und Effizienz. In diesem Zusammenhang wird das Volk demnächst über eine Vorlage zur Reform des KVG abstimmen müssen, mit der die Finanzierung der Leistungen zu Lasten der OKP (obligatorische Krankenpflegeversicherung) vereinheitlicht werden soll.
Stationär und ambulant: Was sind die Unterschiede?
Stellen wir uns zwei Nachbarn, Freddy und Sherkan, vor, die beide denselben kleinen chirurgischen Eingriff benötigen. Freddy unterzieht sich dem Eingriff ambulant. Er kommt also am Morgen des Eingriffs ins Krankenhaus und geht am Abend desselben Tages wieder nach Hause. Die postoperative Versorgung wird unter anderem durch Hausbesuche einer Krankenschwester sichergestellt. Sein Nachbar Sherkan hingegen wird für den Eingriff ins Krankenhaus eingeliefert. Er verbringt zwei Tage dort, wo er postoperative Pflege und ständige medizinische Überwachung erhält.
Mit dem derzeitigen System werden die Kosten für die Eingriffe von Freddy und Sherkan unterschiedlich finanziert. Die ambulante Behandlung von Freddy ist grundsätzlich kostengünstiger und die gesamten Kosten werden von der OKP übernommen (abzüglich seiner Kostenbeteiligung). Die stationäre Behandlung wird hingegen gemeinsam von den Kantonen (ca. 55%) und der OKP (ca. 45%) finanziert, ebenfalls unter Abzug der Kostenbeteiligung des Versicherten.
Dieses System hat mehrere Nachteile. Da immer mehr Eingriffe ambulant durchgeführt werden können, ziehen sich die Kantone nach und nach aus der Finanzierung zurück, was zu Lasten der Prämienzahler geht. Zudem führt diese differenzierte Finanzierung zu Ineffizienzen und Fehlanreizen. So werden beispielsweise bestimmte Behandlungen nur aufgrund der unterschiedlichen Finanzierung stationär durchgeführt, obwohl eine ambulante Versorgung angemessener und kostengünstiger wäre.
EFAS: Transparenz und Fairness bei der Verteilung der Kosten
EFAS: Transparenz und Fairness bei der Verteilung der Kosten
Daher besteht das Hauptziel dieser Reform darin, ein kohärenteres und gerechteres Finanzierungssystem zu schaffen. Durch die Harmonisierung der Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen können die Anreize für unnötige Krankenhausaufenthalte verringert und eine bedarfsgerechtere Versorgung der Patienten gefördert werden. Dies bedeutet auch, dass :
1. Kostentransparenz: Die Kosten für die Pflege von Freddy und Sherkan wären leichter vergleichbar, sodass Patienten und Leistungserbringer fundiertere Entscheidungen treffen könnten.
2. Fairness: Patienten wie Freddy und Sherkan hätten Zugang zu der Versorgung, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht, ohne dass die Art der Finanzierung falsche Anreize setzt und die eine oder andere Art der Behandlung bevorzugt.
Die Einführung einer einheitlichen Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen ist somit ein wichtiger Schritt hin zu einem effizienteren und gerechteren Gesundheitssystem in der Schweiz. Diese Reform ist somit voll und ganz gerechtfertigt, auch wenn einige Vorschläge einige Unsicherheiten hervorrufen können. So betrifft einer der grössten Kritikpunkte die Einbeziehung der Kosten für die Langzeitpflege in die einheitliche Finanzierung. Diese Änderung dürfte langfristig zu einem erheblichen Anstieg der Kosten und damit der Prämien für die Versicherten führen.