Krankenversicherer setzen sich für moderate Gesundheitskosten ein

07. August 2023 | Kommentar(e) |

Geneviève Aguirre-Jan

Die Kosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) steigen seit Jahren stark an. Die daraus resultierende Prämienerhöhung führt zu Unzufriedenheit bei den Versicherten, aber auch bei den Krankenversicherern, deren Geschäftstätigkeit durch mitunter unpassende Massnahmen behindert wird. Die Krankenversicherer setzen sich für bezahlbare Prämien für ihre Versicherten ein und engagieren sich, um den Kostenanstieg zu bremsen.

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen stark an. Dadurch müssen auch die Krankenkassenprämien laufend erhöht werden, um diese Kosten zu decken. Für die Krankenversicherer bedeutet dies nicht nur unangenehme Nachrichten für ihre Kunden, sondern auch eine schwierige Position im Wettbewerb um den optimalen Service und möglichst niedrige Prämien.

Die Gesundheitskosten steigen aus den folgenden Gründen:

  • Die steigende Nachfrage nach Dienstleistungen und die Überalterung: Die Zahl der Versicherten ist gestiegen (1996 lag die Bevölkerungszahl bei rund 7 Millionen, 2023 sind es rund 9 Millionen). Die Alterung der Bevölkerung, die Zunahme chronischer Krankheiten und die Weiterentwicklung der Medizin haben zu einem höheren Bedarf an medizinischer Versorgung und zu einer Erweiterung des Leistungskatalogs der Grundversicherung geführt.
  • Die Zunahme der Dienstleister, die berechtigt sind, über die OKP abzurechnen: Jahr für Jahr wurden neue Dienstleister zugelassen, die berechtigt sind, Leistungen zulasten des KVG zu erbringen. Seitdem sind die Kosten stetig gestiegen, was hohe Prämien zur Folge hat. Heute erhalten 36 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer von den Kantonen eine Prämienverbilligung.

Diese Kostenspirale wirkt sich aus mehreren Gründen negativ auf den Versicherungsmarkt aus:

  • Die Versicherten werden dazu gezwungen, einschränkende Versicherungsmodelle zu wählen: Nur noch ein Viertel der Bevölkerung entscheidet sich für das Standardmodell der Krankenversicherung. Die hohen Prämien haben die Versicherten dazu gezwungen, auf alternative, erschwinglichere Versicherungsmodelle zurückzugreifen.
  • Die Produkte der Krankenzusatzversicherung sind nicht mehr erschwinglich: Die hohen Krankenversicherungsprämien (OKP) führen dazu, dass die Versicherten auf eine verbesserte Deckung durch die Leistungen in der Krankenzusatzversicherung verzichten müssen.

Massnahmen im KVG sind nicht zielführend und sogar kontraproduktiv

Die hohen Versicherungsprämien haben den Gesetzgeber und die Verwaltung dazu veranlasst, Korrekturmassnahmen einzuführen. Einige dieser Massnahmen stellen jedoch das System infrage und schaden sowohl den Krankenversicherern als auch den Versicherten. So hat sich der Druck auf die Versicherer, die angeblich überhöhten Reserven abzubauen, als besonders unzweckmässig erwiesen. Die Versicherer können durch die Senkung der Reserven die durch das Kostenwachstum entstandenen finanziellen Verluste weniger gut ausgleichen. Dadurch lässt sich der Prämienanstieg nicht mehr mithilfe der Reserven mindern. Die Krankenversicherer können ihre Versicherten daher nicht mehr unterstützen.

Es werden «politische» Prämien gefördert. Neu gestattet die Aufsichtsbehörde die Festsetzung der Prämien anhand einer optimistischeren Schätzung der zukünftigen Kosten als bisher, wodurch sich das Risiko erhöht, dass die Prämien nicht ausreichen, um die effektiven Kosten zu decken. Tritt dieses Risiko ein, müssen die Krankenversicherer ihre Prämien für das folgende Jahr erhöhen, um die Finanzierungslücke zu schliessen, wenn sie die Differenz nicht aus den Reserven finanzieren können.

Die Verstaatlichung der Prämien durch die Schaffung kantonaler Kassen hat keinen Einfluss auf die Gesundheitskosten

Es wurde wiederholt vorgeschlagen, kantonale Krankenkassen zu schaffen, die die Rolle der Krankenversicherer übernehmen sollten. Diese Lösung hätte zur Folge, dass die durch den Wettbewerb in einem liberalen Gesundheitssystem entstehenden Vorteile, wie die ständige Verbesserung der angebotenen Dienstleistungen, wegfallen würden, ohne dass dadurch die Kosten gedämpft würden. Bis anhin wurden diese Vorschläge stets abgelehnt.

Präventionsmassnahmen im Pflegebereich stehen im Mittelpunkt

Mit einem ganzheitlichen Konzept, das auf Prävention setzt, könnte die ungünstige Entwicklung bei den nicht übertragbaren Krankheiten aufgehalten werden. In Zukunft stehen die Patientinnen und Patienten im Zentrum des Pflegeprozesses. Vor diesem Hintergrund werden die Versicherer zu Gesundheitspartnern, die ihren Versicherten Unterstützung im Bereich Prävention bieten können. Dies wäre insbesondere gut möglich, wenn in Zukunft Verträge mit mehrjähriger Dauer abgeschlossen werden könnten.

Qualität wird zum Standard – trotzdem sind weitere Anstrengungen erforderlich

Seit April 2021 schliessen Versicherer und Leistungserbringer Qualitätsverträge ab, die die Dienstleister dazu verpflichten, die versicherten Leistungen effizient, kostengünstig und in der erforderlichen Qualität zu erbringen.

Leider kommt es immer noch zu oft zu einer Überversorgung, die unnötige Kosten verursacht. Die Groupe Mutuel setzt sich deshalb auch für die Einführung von Vergütungsmodellen im Schweizer Gesundheitssystem ein, die sich an der nutzenbasierten Gesundheitsversorgung («Value-Based Healthcare») orientieren und sich in anderen Ländern bewährt haben.

Der Abbau des Leistungskatalogs ist ein Tabuthema, das allmählich zögerlich diskutiert wird. Dies könnte ein vielversprechender Weg sein. Die konkrete Umsetzung bleibt aber sehr schwierig, da bei der Neudefinition der von der Krankenpflegeversicherung gedeckten Mindestleistungen ein Konsens erzielt werden muss.   

Hohe Kosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nützen niemandem. Sie führen zu ungeeigneten Massnahmen, die das Krankenversicherungssystem zum Nachteil der Versicherten destabilisieren. 

Nur Massnahmen zur Kostendämpfung haben Einfluss auf die Höhe der Krankenkassenprämien. Die Bemühungen beschränken sich dabei nicht mehr ausschliesslich auf das Krankheitsmanagement, sondern schliessen durch die Förderung von Präventionsmassnahmen und die qualitative Verbesserung der Leistungen auch das Gesundheitsmanagement mit ein.

Geneviève Aguirre-Jan

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Generalsekretariat, Bereich Gesetzgebung

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