Unermüdlicher Kämpfer gegen Aids

01. Dezember 2019 | Kommentar(e) |

Tanya Lathion

Der 1. Dezember ist der Welt-Aids-Tag. Weltweit leben rund 38 Millionen mit dem HI-Virus. Dank der Arbeit von Ärzten, Institutionen und Stiftungen, kann die Krankheit immer weiter zurückgedrängt werden. Der Schweizer Professor und HIV/Aids-Spezialist Ruedi Lüthy widmet sich dem Kampf gegen HIV/Aids in Simbabwe und hat die Stiftung „Ruedi Lüthy Foundation“ gegründet. Im Interview erzählt er uns mehr über sein Lebenswerk.

Wie sieht es aktuell auf der Welt aus? Wie verbreitet ist das HI-Virus? Welche Regionen sind am meisten betroffen und weshalb?

Während in den westlichen Ländern die Zahl der HIV-Infizierten nur noch langsam ansteigt, sind die Zahlen in den Entwicklungsländern erschreckend. Zwei Drittel der rund 38 Millionen HIV-infizierten Menschen leben im südlichen und westlichen Afrika. Unwissenheit und Armut, aber auch der fehlende politische Wille für wirksame Präventionsstrategien tragen dazu bei.

Sie arbeiten seit Jahrzehnten, um diese Krankheit zu bekämpfen. Was halten Sie von den Präventionsmassnahmen, die zur Verfügung gestellt werden? Und was denken Sie über die Forschung?

Kondome schützen zuverlässig vor einer HIV-Infektion und vor sexuell übertragbaren Infektionen. Aber sie sind nicht beliebt und werden deshalb nicht konsequent gebraucht. Eine gute HIV-Kombinationstherapie ist weit wirksamer: Damit sinkt das Risiko einer HIV-Übertagung zwischen Sexualpartnern auf praktisch null. Frauen können gesunde Kinder gebären und gefahrlos stillen und aus diesen Gründen sinkt die Zahl der Neuinfektionen zuverlässig.

Eine wirksame Impfung ist noch ziemlich weit entfernt und viele Forschergruppen arbeiten daran, die HIV-Infektion zu heilen. Leider bisher ohne grossen Erfolg.

Wieso findet man keinen Impfstoff oder ein Heilmittel gegen diese Krankheit?

Das HI-Virus verändert sich dauernd im Körper und entzieht sich damit einer zuverlässigen Impfung. Auch mit einer sehr wirksamen Kombinationstherapie verbleiben immer noch viele Zellen im ganzen Körper, die das HI-Virus in sich tragen. Wenn die Therapie unterbrochen wird, fangen diese Zellen wieder an, sich zu vermehren. Eine Heilung wäre erst dann möglich, wenn alle infizierten Zellen zerstört werden könnten.

Mit Ihrer Stiftung „Ruedi Lüthy Foundation“ sorgen Sie für Personen in Simbabwe, die an HIV erkrankt sind. Was ist Ihre Mission? Was unternehmen Sie, um den Menschen zu helfen?

Es ist eine humanitäre Pflicht, Menschen in Not zu helfen – vor allem dann, wenn eine wirksame Therapie zur Verfügung steht. Wir bieten über 6500 Kindern und Erwachsenen eine kostenlose Therapie und betreuen sie umfassend. Dazu gehört eine psychosoziale Betreuung, Nahrungsmittel, Schulgelder für Kinder, gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen und vieles mehr. Im Durchschnitt kostet ein Patient pro Jahr weniger als 800 Schweizer Franken. Ausserdem bilden wir jedes Jahr rund 800 Pflegepersonen und Ärzte aus Simbabwe in der Betreuung von HIV-Patienten aus.

Sie haben vor über 15 Jahren mit dem Aufbau der Newlands Clinic begonnen – heute ist sie beispielhaft in der Betreuung von Aidspatienten. Wie ist die Klinik inzwischen organisatorisch aufgestellt?

Die Newlands Clinic ist heute ein effizient geführtes medizinisches Hilfsprojekt mit einer schlanken Administration und mit einer fachlich kompetenten Geschäftsführung. Ein Glücksfall für mich war, dass meine Tochter Sabine die Geschäftsführung mit einem versierten Team in Bern übernahm. Die Newlands Clinic in Harare wird vom medizinischen Leiter Stefan Zimmerli und vom administrativen Direktor Matthias Widmaier geführt, und es arbeiten rund 70 einheimische Angestellte in den verschiedenen Bereichen mit.

Sie widmen Ihr Leben dem Kampf gegen HIV. Was gibt Ihnen die Kraft, diesen Kampf immer weiterzuführen?

In erster Linie die persönliche Befriedigung, dass meine Arbeit so erfolgreich ist. Mit unserem einheimischen Team haben Tausende von Patienten erlebt, wie eine tödliche Krankheit abgewendet wurde und sie haben ihre Gesundheit und menschliche Würde wiedererlangt. Mütter sind in der Lage, ihre Kinder aufzuziehen und die Kombinationstherapie verhindert die sexuelle Übertragung der HIV-Infektion.

Wieso haben Sie sich dafür entschieden, diesen Kampf aufzunehmen? Erzählen Sie uns bitte die Geschichte des Beginns Ihrer Stiftung.

Im Jahr 2000 besuchte ich einen Aidskongress in Südafrika. Dort wurde mir das unermessliche Leid von Millionen von Menschen im südlichen Afrika bewusst, die mit der Krankheit Aids lebten und die damals keine Chance auf eine Therapie hatten.

Deshalb entschloss ich mich für eine frühzeitige Pensionierung und gründete eine Stiftung mit dem Ziel, das Wissen über diese Krankheit und ihre Therapie dort einzusetzen, wo es am notwendigsten schien. Ich entschied mich, in Harare, Simbabwe, eine ambulante Klinik für mittellose Aidspatienten aufzubauen, wo sie eine umfassende Betreuung und Therapie erhalten konnten.

In Europa ist die Krankheit Aids etwas in Vergessenheit geraten und viele gehen das Risiko einer Übertragung ein, indem sie mit mehreren Partnern ungeschützten Geschlechtsverkehr haben. Welche Nachricht möchten Sie den Personen geben, die diese Gefahr für Ihre Gesundheit willkürlich ausser Acht lassen?

Nun, eine HIV-positive Person, die korrekt behandelt wird und deren Viruslast im Blut auf unmessbare Werte gesunken ist, wird den Sexualpartner nicht anstecken. Aber das gilt eben nur für Personen, die um ihre HIV-Infektion wissen und eine lückenlose Therapie durchführen. Das bedeutet, dass Menschen, die sich einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt haben, einen HIV-Test machen sollen und im positiven Fall eine korrekte Therapie durchführen. Wer dazu nicht bereit ist, handelt in meinen Augen rücksichtslos. Zwar schützen Kondome zuverlässig, aber ihre konsequente Anwendung klappt nicht.

Kann jede Person mithelfen, den Kampf gegen diese Krankheit zu führen? Und falls ja, wie?

Das Wichtigste ist: Verantwortung übernehmen für sich und den Sexualpartner. Das heisst man muss seinen HIV-Status kennen und entsprechend handeln. Man sollte Kindern und Jugendlichen im Elternhaus und in der Schule aktiv eine ehrliche Sexualaufklärung vermitteln und unbequemen Fragen nicht aus dem Weg gehen. Und nicht zuletzt gibt es Institutionen und Stiftungen, die sich im Kampf gegen die HIV-Infektion aktiv einsetzen und diese sind dankbar für Spenden.

Welche Fortschritte oder Resultate konnten Sie dank Ihrer Arbeit bereits erzielen?

Eine Analyse aller Patientendaten, die seit dem Jahr 2004 in der Newlands Clinic während mindestens zehn Jahren betreut wurden, zeigte Folgendes: Bei fast 90 Prozent der Patienten ist das HI-Virus im Blut nicht mehr nachweisbar, ihre Le­benserwartung hat sich praktisch normalisiert und sie können das Virus nicht mehr übertragen. Ein aus medizinischer Sicht so hervorragendes Resultat lässt sich nur mit einer umfassenden Betreuung erreichen.

Porträt der Ruedi Lüthy Foundation

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