Wenn Sport und Durchhaltevermögen dunkle Zeiten überwinden können
25. November 2024 | Kommentar(e) |
Matthias Vauthier

Zohre Bayat ist eine 26-jährige afghanische Frau mit einem ungewöhnlichen Lebenslauf, auf dem sie eigene Wege gefunden hat, um ihre Probleme zu bewältigen. Dies gelang ihr vor allem durch Sport und ihres beispiellosen Durchhaltevermögens. Heute lebt Zohre im Wallis, geniesst das Leben und hat viele Pläne. Sie teilt ihre Geschichte mit anderen, um sie zu inspirieren, in dunklen Zeiten nicht aufzugeben und beispielsweise eine Sportart oder eine Leidenschaft zu finden, um aus schwierigen Situationen herauszufinden.
Ein von Widrigkeiten geprägter Lebensweg
Zohre wuchs in Afghanistan auf, bevor sie mit ihrer Familie flüchtete. «Ich wurde während des Kriegs geboren und meine Familie und ich sind davor geflohen. Im Iran, wo ich aufgewachsen bin, hatte ich keine Rechte. Ich bin nie zur Schule gegangen und hatte nicht einmal einen Ausweis.» Zohre hatte also nie die Chance, eine «normale» Kindheit zu erleben. Als sie später nach einer langen Reise durch Griechenland, die Türkei und verschiedene andere Länder in Zürich ankam, wurde sie mit sozialer Isolation und psychischem Leid konfrontiert, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. «Ich war so allein. Ich wusste nicht, warum mir das alles passierte und es war kompliziert, mit einer neuen Sprache und einer neuen Kultur umzugehen. Damals zeigten sich erste Anzeichen einer Depression.»

Die Begegnung, die alles veränderte
Während sie gegen ihre inneren Dämonen kämpfte, hatte Zohre eine Begegnung, die ihr Leben veränderte. Amy, eine Frau, die für eine humanitäre Organisation arbeitete, ermutigte sie, Laufen auszuprobieren. «Als ich das erste Mal laufen ging, war es einfach nur schrecklich. Ich tat es nur, um Amy eine Freude zu machen. Ich hatte das Gefühl, von allen beobachtet zu werden. Aber trotzdem fühlte ich mich direkt danach etwas besser und ging von da an immer wieder mal laufen. Sehr schnell zeigte sich, wie wichtig der Sport für meinen Heilungsprozess war.» Für Zohre war der Sport also nicht nur ein Mittel, um sich körperlich wieder aufzubauen, sondern vor allem hilfreich, um zu sich selbst zurückzufinden und Verletzungen zu heilen. «Sport ist für mich wie ein Medikament, aber ohne unerwünschte Nebenwirkungen. Jedes Mal, wenn ich mich schlecht fühlte, ging ich laufen.» Mit der Zeit konnte sie ihre Medikamente reduzieren und spürte eine Verbesserung ihres Allgemeinzustands. «Aber das ging nicht von heute auf morgen. Durch den Sport konnte ich mich nach und nach selbst akzeptieren und lernen, mit meinem Leiden zu leben», und betont, wie wichtig es ist, jeden Tag weiterzumachen. «Dadurch wurde ich auch anderen gegenüber offener und konnte mich austauschen über den Sport, der uns alle begeistern kann.»
Neue Herausforderungen, um weiterzukommen

Nachdem Zohre das Laufen für sich entdeckt hatte, versuchte sie sich im Triathlon, um ihre Grenzen noch weiter zu erforschen. Ihr erster Ironman im September 2024 in Italien war eine intensive, aber auch wegweisende Erfahrung: «Als ich die Ziellinie überquerte, wusste ich, es gibt keine Grenzen – weder im Sport noch sonst im Leben.» Ihr nächstes Ziel ist die Teilnahme am Norseman, einem der härtesten Triathlons der Welt. «Das ist symbolisch für mich. Ich habe in meinem Leben bereits die Dunkelheit überwunden, und der Norseman mit seinem schwarzen Finisher-T-Shirt bedeutet für mich den Sieg über die Dunkelheit.»
Zohres Lebensgeschichte zeigt, dass es möglich ist, nach schweren Schicksalsschlägen wie Krieg, Exil oder Depressionen wieder aufzustehen. «Alle Menschen haben ihre eigenen dunklen Zeiten, aber man muss sein Leid akzeptieren und jeden Tag versuchen, es aufzuarbeiten. Es ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Man muss es immer wieder versuchen und nicht aufgeben.»